Das erste GT3-Fahrzeug – ein Mercedes-AMG GT3 #25 –ohne mechanische Verbindung zwischen Lenkeinheit und Lenkgetriebe, ausgestattet mit dem Steer-by-Wire-System Space Drive, hat in der Geschichte des 49. ADAC Total 24 Stunden Nürburgring die Ziellinie überquert. Nach einem turbu-lenten Rennen und 56 Runden kam der Technologieträger der Schaeffler Paravan Technologie GmbH und Co. KG, pilotiert von den Langstreckenspezialisten Philip Ellis, Darren Turner, Tim Scheer-barth und Dominik Farnbacher, als gesamt 16. ins Ziel und konnte zudem in seiner Klasse SPX gewinnen. Die härteste Rennstrecke der Welt machte an diesem Wochenende ihrem Ruf alle Ehre.
„Es ist ein historischer Moment für unser Team. Wir haben heute für unser Space Drive System und für die Entwicklung Geschichte geschrieben“, sagte Roland Arnold, CEO der Schaeffler Paravan Technologie GmbH & Co. KG, der das System aus der Behindertenmobilität heraus entwickelt hat, nach der Zieleinfahrt. „Für uns war das ein wichtiger Meilenstein. Die Space Drive Technologie, hat sich unter widrigsten Bedingungen als äußerst robust erweisen. Wir haben wichtige Information erhalten. Diese gilt es jetzt zu verwerten, um die Technologie fit für das Auto der Zukunft zu machen.“
Am Samstagnachmittag startete der Mercedes AMG GT3 mit Startnummer #25 das Rennen auf der 25,378 Kilometer langen Traditionsstrecke bei tiefhängenden Wolken von Position 32. Das Space Drive Team ging auf Sicherheit und wechselte gleich zu Anfang auf Regenreifen. Nach 30 Minuten setzte der Regen ein, der immer stärker wurde – auf einigen Streckenabschnitten bis hin zum Aquaplaning. Startfahrer Philip Ellis steuerte die #25 unbeschadet durch das Regenchaos und über-gab nach knapp drei Stunden, auf Position 33 liegend, an den Briten Darren Turner. „Ich glaube ich habe noch keinen schwierigeren Stint hier auf der Nordschleife gefahren“, sagte Ellis im Anschluss. „Es war viel Aquaplaning da draußen, und ja entsprechend extrem schwierige Bedingungen für alle. Das Auto fühlt sich gut an.“
Darren Turner übernahm das Cockpit nach Runde 15 als zweiter, wieder im Trockenen. „Zu dieser Zeit gab es viele „Code60“ auf der Strecke. Es waren die ersten Runden auf Slicks in diesem Rennen. Jede Runde wurde schneller und schneller, ein ermutigender Start“, berichtet Darren Turner. Im Anschluss stieg Tim Scheerbarth ins Space-Drive-Cockpit. Sein erster Einsatz war von aufziehendem Nebel auf der Grand Prix-Strecke geprägt. „Der Nebel kam immer weiter runter“, berichtet Scheer-barth, der bereits im vergangenen Jahr den Porsche Cayman 718 GT4 mit Space Drive pilotiert hat. „Die Lenkung war gut. Wir müssen jetzt das Auto weiter optimieren, und auf die Bedingungen, die wir hier vorfinden abstimmen.“ In Runde 31 übergab Scheerbarth als 26. das Cockpit an Dominic Farnbacher. Der Nebel wurde immer dichter, besonders im Bereich Grand Prix-Strecke, Döttinger Höhe sowie Flughafen und Ahlenberg. Am späten Abend zog die Rennleitung die Notbremse – Rennunterbrechung. „Man konnte teilweise nicht von einem auf den anderen Streckenposten gucken. Es ist eine kluge Entscheidung das Rennen erst einmal stillzulegen. Sicherheit geht vor“ sagte Farnbacher.Nach Wiederaufnahme ging der Space Drive Mercedes-AMG von Position 26 mit Dominik Farnbacher ins Rennen. Darren Turner und Tim Scheerbarth brachten die #25 nach 56 Runden souverän und ohne Zwischenfälle ins Ziel. Dabei konnten sie sich mit Platz 16 in einem harten Starterfeld in den Top 20 platzieren und den Klassensieg in der SPX sichern.
Für Space Drive war die Distanz, der anspruchsvolle und materialfordernde Kurs der Nordschleife und vor allem die widrigen Bedingungen zu Beginn des Rennens eine echte Herausforderung. Aber gerade diese Extremsituationen sind wichtig für die Schaeffler Paravan Dateningenieure, um belastbare Informationen generieren zu können, Vorzüge und Verbesserungspotentiale zu identifizieren.
„Die Schläge und die Bodenwellen auf der Nordschleife, die spürst du kaum mit Space Drive“, sagt Dominik Farnbacher. „Du bekommst die Schläge nicht ins Handgelenk. Es fährt sich ein bisschen an-ders. Man kriegt mehr Feedback vom Auto und nimmt alles etwas anders wahr, eben nicht durchs Lenkrad“, berichtet Startfahrer Philip Ellis. „Wir sind noch näher dran an der konventionellen Lenkung und konnten bei diesen extremen Bedingungen viele Informationen herausfahren“, sagt Tim Scheerbarth, der bereits letztes Jahr im Space Drive-Cockpit des Porsche Cayman GT4 saß. „Im Rennsport fährt man über eine lange Zeit am Limit, das hilft Space Drive schnell weiterzuentwickeln, auch mit Hilfe des Feedbacks von den Fahrern hier“, so Darren Turner. Vor allem im Karussell seien die Vorzüge deutlich zu spüren. Die physische Beanspruchung, besonders über die lange Distanz sei geringer.
„Es war ein großer Tag für uns als Team und für die Space-Drive-Technologie“, sagte Hubert Hügle, CTO der Schaeffler Paravan. „Wir haben zu 100 Prozent den Job erfüllt. Das Space Drive-System hat hervorragend funktioniert. Die Fahrzeuge in aquaplaningähnlichen Zuständen zu bewegen, ist sehr schwierig. Das war eine sehr große Herausforderung für die Space Drive Technologie. Wir haben sehr viele Erkenntnisse gewonnen, die wir verarbeiten müssen und auswerten müssen.“
Das 24h-Rennen auf dem Nürburgring zählt seit 1970 neben den 24h Le Mans zu den härtesten und prestigeträchtigsten Rennen der Welt. Der Wettkampf zwei Mal rund um die Uhr auf der 25,378 Kilometer langen Variante aus Grand-Prix-Strecke und Nordschleife wurde vom 3. bis zum 6. Juni ausgetragen. 121 Autos haben sich den Herausforderungen des Langstreckenklassikers gestellt. Beim 24h-Rennen wurden seit dem Bestehen immer auch neue Prototypen an Rennwagen sowie innovative Techniken einem unvergleichbaren Härtetest ausgesetzt. Seit der Eröffnung des Nür-burgrings 1927 gilt die Weisheit: „Jeder lobt, was Nürburgring erprobt.“