Glücklich sitzt Juliane vor dem Lenkrad ihres Fahrschulautos. Eine wichtige Etappe zur eigenständigen Mobilität ist geschafft – sie hat nach gut zweieinhalb Wochen intensiven Trainings ihre Führerscheinprüfung bestanden. Es war ihr zweiter Anlauf. “Ich habe vor zwölf Jahren schon mal rumprobiert“, berichtet die 32-jährige, die an spinaler Muskelatrophie Typ 2 erkrankt ist und seit dem sechsten Lebensjahr im Rollstuhl sitzt. Damals gab es keine Lösung, um die Kopf-Rumpf-Stabilität sicherzustellen. „Ich war damals auch mental noch nicht soweit“, sagt sie heute rückblickend.
Der zweite Anlauf zum Führerschein dauerte fast zwei Jahre. Angefangen mit den Behörden, über die Suche nach einer passenden Fahrschule, bis zur bestandenen Fahreigungsprüfung, brauchte sie einen langen Atem und Durchhaltevermögen. Begonnen hatte Juliane ihre praktische Ausbildung in Thüringen. Nach der bestandenen Fahrprobe sprang plötzlich die Fahrschule ab. So kam sie – wie vor zwölf Jahren schon einmal – in das gut 450 Kilometer entfernte schwäbische Pfronstetten Aichelau zur PARAVAN Behindertenfahrschule. „Ein langer Weg mit Happyend“, sagt die Grundschulsekretärin heute rückblickend.
Aktuell ist sie für den Weg zur Arbeit auf einen Fahrdienst angewiesen. „Wenn ich einmal selbst unterwegs bin, kann ich meine Arbeitszeiten freier gestalten“, berichtet sie voller Vorfreude. Zudem sei sie für ihren Arbeitgeber viel flexibler einsetzbar.
Im PARAVAN-Fahrschulauto war sie mit zwei Zwei-Wege-Joysticks unterwegs: mit rechts bedient sie die Lenkung mit einem Joystick, links Gas und Bremse. „Wahnsinn, dass ich mich so einfach in ein Auto „setzen“ und losfahren kann“, berichtet sie noch ganz überwältigt. Im Moment genießt sie den Augenblick. In ihrer Fantasie schmiedet sie jedoch schon Pläne, was sie einmal alles tun kann. „Zum Beispiel nach der Arbeit nach Hause fahren und sich von unterwegs einfach etwas zu essen mitnehmen – solche Kleinigkeiten halt.“
Doch bevor sich diese Träume erfüllen können, lag ein Beantragungsmarathon vor Juliane der nach einem guten halben Jahr abgeschlossen war. „Ich habe viele wertvolle Tipps vom technischen Berater erhalten. Gut vorbereitet in das Antragsverfahren zu gehen war sehr wichtig“, weiß sie. Nachdem ihr Antrag nun bewilligt wurde, das verkehrsmedizinische sowie das TÜV-Gutachten vorliegt, geht es nun an die Autowahl. Für einen VW T6.1 hat sie sich entschieden, anders sei es vom Platz her gar nicht zu machen.
Beim zukünftigen Umbau betreten auch die schwäbischen Tüftler bei PARAVAN Neuland. Ein Protektor soll fest ins Auto verbaut werden, weil sie sich nicht allein anschnallen kann, sowie eine Kinnstütze. Bereits während der Fahrschulzeit hatte sie solch ein System von ihrem Sanitätshaus „Carqueville“ zur Verfügung gestellt bekommen. „Das ist die Lösung für die im Moment fehlende Kopf- und Rumpfstabilität“, erläutert Maurice Möritz, technischer Berater bei der PARAVAN GmbH. Fahren wird Juliane mit dem multiredundanten Space-Drive-System. Die Sekundärfunktionen, wie Blinker, Licht oder Sonnenblende bedient sie mit dem PARAVAN Touch-System oder über die Touch App. Über den PARAVAN-Kassettenlift wird sie mit ihrem Elektrorollstuhl in die Dockingstation direkt bis vor das Lenkrad fahren. Im ersten Halbjahr 2020 wird sie ihr Auto in Empfang nehmen können.
Die zweieinhalb Wochen Fahrschule auf der Alb waren für Juliane eine echte Herausforderung. „Ein Auf und Ab“, sagt sie rückblickend. „Nicht so viel Nachdenken, probiere es noch mal, mach es in Ruhe“, hat sich Juliane des Öfteren gesagt. Demnächst möchte Juliane ihren Lebensgefährten und ihre Familie, die sie jetzt über Jahrzehnte unterstützt hat, selbst chauffieren.