Das Handicap-Seminar gilt seit Jahren als eine der wichtigsten Plattformen für die barrierefreie Fahrausbildung – 2025 feierte es seine Premiere im Süden Deutschlands. Drei Tage lang wurde der Next Mobility Campus im Mobilitätspark Aichelau zum Zentrum für fachlichen Austausch, Praxiserfahrung und persönliche Begegnung.
Organisiert in Kooperation zwischen dem Verkehrs-Institut Bielefeld, der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e. V. (BVF) und der PARAVAN-Fahrschule, bot das praxisnahe Fortbildungsformat nach §53 Abs. 1 FahrlG eine besondere Gelegenheit für Fahrlehrer, Prüfer, Sachverständige und Fachakteure: Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Menschen mit körperlichen Einschränkungen noch gezielter, sicherer und individueller zur Fahrerlaubnis und damit zu mehr Selbstständigkeit begleitet werden können – fachlich fundiert, technisch versiert und mit echtem Blick für den Menschen.
Selbst erfahren, was Mobilität bedeutet
Wie fühlt sich Mobilität an, wenn sie durch Technik neu ermöglicht wird? Am zweiten Tag des Handicap-Seminars wurde diese Frage auf besonders eindrückliche Weise beantwortet: durch persönliche Geschichten, durch echtes Fahrgefühl – und durch Perspektivwechsel auf Augenhöhe.
Im Mittelpunkt standen drei Paravan-Kunden, die offen über ihre individuellen Mobilitätswege berichteten. Lothar, der vom elektromechanischen System zur elektronischen Fußlenkung wechselte, beschrieb den Umstieg als Herausforderung – aber auch als echten Fortschritt: „Die Umgewöhnung war nicht leicht – aber heute möchte ich das System nicht mehr missen.“ Leopold, unterwegs mit einem 4-Wege-Joystick, hat seit seiner Führerscheinausbildung rund 30.000 Kilometer zurückgelegt. „Ich habe mich in das Fahrschulauto gesetzt und wusste: Das wird gut“, erinnert er sich. Wolfram, der frühzeitig auf eine Rotationslenkung (rechts) und einen Gas-Brems-Schieber (links) umstieg, wählte den proaktiven Weg zur Mobilität: „Ich wollte vorbereitet sein. Und für mich war klar: Ich brauche jemanden, der alles aus einer Hand bietet – vom Rollstuhl bis zum Fahrzeug.“
Nach dem Austausch hieß es: selbst „erfahren“, was Mobilität bedeuten kann. Die Teilnehmenden hatten Gelegenheit, Fahrzeuge mit Space Drive, Joystick- oder Fußlenkung selbst zu testen – eine Erfahrung, die für viele ein Schlüsselmoment war. Fachliche Tiefe traf auf persönliche Perspektive, Theorie auf echte Praxis.
Ralf Buhmann, verantwortlicher Leiter der Paravan-Fahrschule Aichelau und Mitveranstalter, sieht in solchen Formaten einen unverzichtbaren Beitrag zur Ausbildungskompetenz: „Gerade im Süden gibt es bislang wenig Angebote in diesem Bereich. Umso wichtiger sind Veranstaltungen wie diese – als Plattform für Austausch, Wissenstransfer und praktisches Erleben“, unterstreicht der Fahrlehrer. „Wer Menschen mit Handicap ausbildet, trägt Verantwortung. Dafür braucht es mehr als nur Technik – nämlich Erfahrung, Empathie und kontinuierliche Weiterbildung.“ Auch Oliver Urban, verantwortlicher Fahrlehrer und Seminarleiter beim Verkehrs-Institut Bielefeld, zieht ein klares Fazit: „Das Seminar bei Paravan war für uns als Mitveranstalter sehr beeindruckend. Zu erleben, wie durch innovative Fahrzeugumbauten Mobilität und Selbstständigkeit für körperlich behinderte Menschen ermöglicht werden, ist eine wertvolle und bereichernde Erfahrung – auch für mich persönlich als Fahrlehrer.“
Praxisnah und interdisziplinär – das Seminarprogramm
Wie komplex und gleichzeitig chancenreich das Thema barrierefreie Mobilität ist, zeigte sich im vielseitigen Seminarprogramm. In über zehn inhaltlichen Blöcken wurde die Thematik aus juristischer, technischer, medizinischer und praktischer Sicht beleuchtet – stets mit dem Anspruch, Theorie und Alltag miteinander zu verbinden.
Im Fokus standen unter anderem die Antrags- und Genehmigungsverfahren für Fahrstunden und Fahrzeugumbauten, vorgestellt von Paravan-Mobilitätsberater Daniel Weber und Fahrlehrer Ulf Jörgensen, ebenso wie die medizinischen Voraussetzungen für die Fahreignung, die Dr. Matthias Ponfik, Chefarzt des Querschnittzentrums Rummelsberg der Sana-Kliniken aus verkehrsmedizinischer Sicht einordnete. Ergänzend dazu beleuchtete Carsten Seidler von der Paravan-Fahrschule in Heidelberg praxisnah, wie sich Fahrschulfahrzeuge individuell und funktional anpassen lassen. Auch die Begutachtung durch Prüforganisationen (Christian Fischer, TÜV) sowie Fragen zu Versicherung und Haftung bei Fremdfahrzeugen (Uwe Gerhards, vom Fahrlehrer-Verband Westfalen e.V) fanden in der Fortbildung ihren Platz. Ein besonderes Highlight war die exklusive Führung durch die PARAVAN-Mobilitätsmanufaktur. Hier konnten die Teilnehmenden nicht nur sehen, sondern auch erleben, wie innovative Fahrzeuglösungen entstehen – vom digitalen Space Drive System über Handbedienungen bis hin zu hochkomplexen Rollstuhlsystemen.
Ein prägnanter Gedanke zog sich durch viele Beiträge: „Barrierefreie Mobilität ist keine technische Randerscheinung – sie ist ein zentraler Baustein für Teilhabe und gesellschaftliche Gerechtigkeit.“
Fazit: Austausch als Wegbereiter für Inklusion
Das Handicap-Seminar 2025 hat gezeigt, wie wichtig fachlicher Dialog, Erfahrungswissen und interdisziplinäre Zusammenarbeit sind, um Inklusion im Straßenverkehr zu gestalten. Der Auftakt im Next Mobility Campus war ein starkes Signal – für mehr Verständnis, mehr Kompetenz und mehr Teilhabe durch Mobilität mit dem Fazit: Es war ein starker Auftakt für weitere Veranstaltungen dieser Art – denn Mobilität ist ein Menschenrecht.
Presseinformation zum Download
Fon: +49 (0)7388 9995 81
Fax: +49 (0)7388 9995 999
