Autofahren lernen, praktische Fahrprüfung bestehen, neues individuell angepasstes Auto in Empfang nehmen, vom Hof fahren; das waren die nächsten Herausforderungen für Schwimmer Josia Topf nach den Paralympics in Tokio. Jetzt ist er mobil und kann selbst in seinen BMW 118D steigen und einfach losfahren. Ein völlig neues Lebensgefühl für den 18-Jährigen. „Das Autofahren bereichert mich in jedem Bereich meines Lebens“, sagt Josia Topf. „Jetzt kann ich einfach mal allein zum Arzt fahren, zu Freunden, zum Training oder zu Wettkämpfen. Ich kann hinfahren, wohin ich will, ganz spontan.“ Das war vorher nicht möglich. Früher musste er überall hingebracht werden. Meistens war die Mutter der Chauffeur. „Jetzt geht es auch andersherum, ich bin der Chauffeur für meine Mama. Ich kann meine Mutter irgendwohin fahren.“
„Blinker links“, sagt Josia, „Stopp“, Fahrlehrer Horst Hilsenbeck, er hat ein Auto im Spiegel gesehen, „richtig in den Spiegel schauen mahnt der Lehrer. Drei Wochen Praxis-Marathon hat Josia auf der Schwäbischen Alb bei der PARAVAN-Fahrschule absolviert, dann kam der große Moment und es hieß „Prüfung bestanden“. Ein entscheidender Schritt in die mobile Unabhängigkeit für Josia Topf. Zuvor wurde der PARAVAN-Fahrschul-Sprinter optimal auf seine Bedürfnisse eingestellt. Der Schwimmer kam mit dem sogenannten TAR Syndrom auf die Welt, ihm fehlen beide Arme und er hat unterschiedlich lange steife Beine. Fahren wird er deshalb mit zwei Joysticks und dem Fahr- und Lenksystem Space Drive – links Lenkung, rechts Gas und Bremse.
„Als ich das erste Mal im Auto saß, fand ich das beeindruckend, aber auch respekteinflößend – etwas so Großes in hoher Geschwindigkeit zu bewegen, nur mit einem Joystick“, sagt Josia. Begonnen hat die Ausbildung mit Übungsfahrten in Pfronstetten-Aichelau. Im Anschluss tastete er sich mit Fahrlehrer Horst Hilsenbeck langsam ins Umland und die nächste Stadt vor. Am Anfang war es schwieriger als gedacht“, berichtet er rückblickend. Das flüssige konstante Fahren, konzentriert in den Einklang mit den Verkehrsregeln zu bringen, das war am Anfang eine Herausforderung für den Fahrschüler. „Aber es ist wie beim Laufen lernen, einige Schritte gehen einfacher als andere. Erfahrung und Übung ist wichtig, dann kommt die Routine von allein.“
Ende Oktober war dann der große Tag. Die Anpassung für sein eigenes Fahrzeug stand auf dem Programm. Die PARAVAN-Techniker haben ganze Arbeit geleistet und waren gefordert. Vor allem die Öffnung der Heckklappe war eine Herausforderung. „Wir haben in der Klappe eine Gurtrolle montiert, so dass Josia sie auch zum Schließen wieder erreichen kann“, erläutert PARAVAN-Techniker Daniel Haberbosch. „Wenn man den Gurt aushängt, kann man die Klappe auch komplett öffnen.“
Etwas spacig kommt das Cockpit von Josia Topf daher: Steuern wird er das Fahrzeug per Joysticks und Space Drive. Mit der linken Hand lenkt er, mit der rechten bedient er Gas und Bremse. „Tests haben ergeben, dass es für mich so viel besser ist, da ich Linkshänder bin. Die Gas- und Bremsbedienung kann ich besser planen“, sagt er. Zudem sind die Joysticks zu ihm geneigt. „Je gekippter sie sind, desto besser komme ich damit zurecht, das haben die ersten Testfahrten deutlich gezeigt.“ Wenn einmal jemand anderes am Steuer sitzt, kann man den Joystick wegklappen.
Die Sekundärfunktionen wird er über PARAVAN Touch und Voice bedienen, auch die Sonnenblende. „Ich komm ja nirgendwo ran“, meint er. Einsteigen kann er in das Auto selbständig. Überall sind Gurte angebracht, dass er zum Beispiel auch die Türe selbständig zuziehen kann. Auch das Gurtschloss wurde für ihn individuell angepasst und an den rechten Joystick verlegt.
Nach er Auslieferung hat Josia gleich seine erste Tour unternommen, zur Verleihung des Mittelfränkischen Sportpreises 2021 ins 80 Kilometer entfernte Triesdorf wo er den Preis in der Kategorie „sportliche Leistung- Erwachsene“ entgegennahm. „Absolutes Highlight für den ehrgeizigen Sportler war die Anreise mit dem eigenen, umgebauten Auto“, hieß es anschließend in einem Bericht über das Ereignis.